Die Tropen

Der Begriff stammt aus dem Griechischen und bedeutet „Wendung“ – sowohl im Sinne von „Rede“-Wendung wie auch Wandlung, was wiederum auf das I Ging, das chinesische Buch der Wandlungen verweist.

Eine Trope ist ein komplementäres Sechsklangspaar, eine in zwei sechstönigen Hälften betrachtete Zwölfton­folge. Zwischen diesen Hälften können – in genau 44 Kategorien – die unterschiedlichsten Intervall- und Symmetrieverhältnisse auftreten: Sie können gleich, spiegelgleich, ungleich (aber innerhalb der Hälften symmetrisch) oder völlig asymmetrisch sein. Dementsprechend unterschiedlich ist der Höreindruck einer zwölftönigen Melodie, die in einer bestimmten Trope steht: Handelt es sich um eine hochsymmetrische Trope, werden die gleichartigen lntervallstrukturen natürlich leichter zu hören sein.
Hauer sagte, es könne jeder Zwölftonzyklus „streng wissenschaftlich untersucht werden, ob er in zwei, drei, vier, fünf oder sechs verschiedenen Tropen steht“, und er könne damit auf seine musikalische Ergiebigkeit hin geprüft werden:

Die 12 Phasen, in denen sich ein Zwölftonzyklus betrachten läßt, entsprechen 12 Zwölftonreihen, jede fortschreitend mit einem anderen Zykluston beginnend. Die zyklische Reihenfolge der Töne bleibt allerdings gleich; die Töne haben also stets die gleichen Vorgän­ger und Nachfolger.

Jede dieser 12 Reihen wird nun auf ihre Tropenzu­gehörigkeit hin überprüft, wird also in zwei Sechsklänge zerlegt, deren lntervallstruktur dann einem der 44 Muster in der Tropentafel entspricht. Ab der siebenten Reihe finden sich natürlich die gleichen Sechsklangs­paare wie bei den Reihen 1 bis 6, sodaß ein Zyklus tatsächlich in maximal 6 verschiedenen Tropen stehen kann. Ist dies der Fall, wird mit stark wechselnden lnter­vallstrukturen im Zyklus und somit größerer musikali­scher Vielfalt zu rechnen sein, steht ein Zyklus in weni­ger Tropen, ist demgemäß geringere musikalische Viel­falt zu erwarten, dieser Zyklus wird wiederum leichter gehörsmäßig zu erfassen sein.

Die Symmetrie der Tropen

Darstellungen der melischen und harmonischen Tropenbilder
(LEHRMITTEL AUS DEM JOSEF-MATTHIAS-HAUER-STUDIO VICTOR SOKOLOWSKI)

9 Polysymmetrische Tropen
(1., 4., 17., 41., 44„ 10., 28., 29., 39.)

12 Monosymmetrische Tropen
(2., 3., 9., 26., 27., 42., 43., 30., 11., 12., 34„ 13.)

7 Endosymmetrische Tropen
(8., 14., 40., 7., 32., 35„ 36.)

16 Exosymmetrische Tropen
(5.-6., 18.-22., 19.-21., 20.-23., 15.-16., 24.-25., 31.-33., 37.-38.)

(Numerierung der Tropen gemäß der Tropentafel Josef Matthias Hauers vom 11. August 1948)

Das melische Tropenbild zeigt alle lntervallmöglichkeiten innerhalb der Tropenhälften, das harmonische Tropenbild die Intervalle zwischen den beiden Hälften einer Trope.

Tropentafel
von Josef Matthias Hauer
in der endgültigen Nummerierung

Die Tropen-Grafik

Die Hälften der 2. Trope können nicht durch Drehung (Transposition der Töne), sondern nur durch Spiegelung an einer Achse zur Deckung gebracht werden (aufstei­gende Intervalle der einen Hälfte entsprechen abstei­genden in der anderen). Die 2. Trope gehört der Gruppe der 12 monosymmetrischen Tropen an.

Quelle: 80 Jahre Zwölftonmusik, Josef Matthias Hauer, 1999